Der Schnitt- & Stanzwerkzeug
Veröffentlichung in der Fachzeitschrift „Der Schnitt- und Stanzwerkzeugbau 03/2024“, S. 58
Integration einer Kameraüberwachung in ein Fertigstanzwerkzeug – Ein Entwicklungsprojekt in Zusammenarbeit: Siegfried Beck GmbH & TRsystems GmbH, Systembereich Unidor
Entwicklungsprojekt:
Integration einer Kameraüberwachung in ein Fertigstanzwerkzeug zur Herstellung komplexer Kontakte
Für ihren Kunden Festo SE & Co. KG in Esslingen entwickelte die Firma Siegfried Beck GmbH gemeinsam mit der Unidor TRsystems GmbH ein Fertigstanzwerkzeug zur optimierten Fertigung von komplexen Stanzkontakten mittels einer im Werkzeug integrierten Kameraüberwachung.
Die Siegfried Beck GmbH ist ein etabliertes Unternehmen aus Pforzheim, das für seine Kunden – vornehmlich aus dem Elektronikbereich – komplexe Stanzwerkzeuge entwickelt und baut und Präzisionsstanzteile in mittlerer und hoher Stückzahl fertigt.
Die Unidor TRsystems GmbH – ebenfalls Standort Pforzheim – ist ein Hersteller individueller Messsysteme für die Stanz- und Umformtechnik.
Aufgabenstellung:
Die im Fertigstanzwerkzeug hergestellten einzelnen Kontakte sind komplexe und hochpräzise Teile mit engen Toleranzen. Das erschwert die prozesssichere Fertigung. Um dennoch eine hohe Qualität zu gewährleisten, wurden die Teile nach jeder Fertigung mit hohem manuellem und halbautomatischem Aufwand in mehreren Schritten zu 100 % geprüft.
Um den Prüfaufwand beim Kunden zu minimieren, sollte die Siegfried Beck GmbH ein Werkzeug entwickeln, in dem die Einzelteile mittels eines Kamerasystems während des laufenden Stanzprozesses vermessen und Teile außerhalb des Toleranzfeldes direkt ausgeschleust werden.
Anforderung der Festo SE & Co. KG:
Eines der Ziele des Kunden war es, den erheblichen Prüfaufwand und die Fehlerquote extern wie intern signifikant zu reduzieren. Die Produktion sollte daher bereits während des Stanzprozesses kontinuierlich überwacht werden, um dadurch die Weiterverarbeitung mit 100 %-Gutteilen zu garantieren.
Das Folgeverbundwerkzeug sollte darüber hinaus den gleichen Einbauraum benötigen, um es auf der vorhandenen Maschine weiter betreiben zu können.
Lösung der Siegfried Beck GmbH & Unidor TRsystems GmbH
Das Unternehmen entwickelte gemeinsam mit Unidor TRsystems GmbH erstmals ein Werkzeug, in das ein KI-basiertes Kamerasystem komplett integriert wurde. 4 Kameras vermessen im Werkzeug jedes Teil, des Vorbandes von allen Seiten (vorne, hinten, oben, unten). Dabei werden 15 Maße mit einer Toleranz von +/- 0,05 mm berücksichtigt. Während dieses Prozesses kann das Stanzwerkzeug mit bis zu 300 Hub / Minute laufen, so dass eine wirtschaftliche Fertigung sichergestellt ist.
Herausforderungen und Lösungen der beteiligten Unternehmen: Einbauraum, Vibration, Sauberkeit
Die größte Herausforderung für die Werkzeugmechaniker war der begrenzte Platz für den Einbau der Kameras im Werkzeug. Um diesen zu schaffen, überarbeiteten die Konstrukteure der Firm Siegfried Beck die Streifengeometrie des Vorbandes komplett und schufen dadurch im neuen Werkzeug den notwendigen Raum für das neue Meßsystem. Das Werkzeug kann dadurch weiterhin auf der vorhandenen Maschine eingesetzt werden.
Im Anschluss daran integrierte die Fa. Unidor die geeigneten Kameras in das neue Werkzeug. Hier mußte eine Lösung gefunden werden, um eine präzise Messgenauigkeit trotz der Vibrationen im Werkzeug während des Stanzens sicher zu stellen.
Eine weitere Aufgabe war es, den Produktionsprozess ohne die beim Stanzen üblichen Schmiermittel zu betreiben. Eine geeignete Oberflächenbeschichtung der Aktivelemente im Folgeverbundwerkzeug in Verbindung mit hochverflüchtigenden Schmierstoffen lösten das Problem.
Minimierte Fehlerquote durch schnellere Problemerkennung und -behebung
Durch die 100 %-Kontrolle der Schüttgutteile während des Stanzprozesses, können maßabweichende Änderungen unmittelbar behoben werden, Fehlerkosten werden minimiert.
Die Maße werden automatisiert aufgezeichnet, so dass der umfangreiche manuelle Mess- und Dokumentationsaufwand weitgehend entfällt.